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Sri Aurobindo

Briefe über den Yoga

Band 2

DIE SYNTHETISCHE METHODE UND DER INTEGRALE YOGA

Zu Xs Frage: Dies ist nicht allein ein Bhakti-Yoga; er ist oder er will zumindest ein integraler Yoga sein, was eine Hinwendung des ganzen Wesens in all seinen Teilen zum Göttlichen bedeutet. Daraus folgt, dass er Wissen und Werke ebenso enthält wie bhakti, und darüber hinaus bezieht er eine völlige Wandlung der menschlichen Natur mit ein, ein Suchen nach Vollendung, damit auch die Natur mit der Natur des Göttlichen eins wird. Nicht allein das Herz muss sich dem Göttlichen zuwenden und sich wandeln, sondern auch das Mental – daher ist Wissen notwendig sowie der Wille und die Fähigkeit des Handelns und Erschaffens –, und daher sind auch die Werke notwendig. In diesem Yoga werden die Methoden anderer Yogasysteme aufgegriffen, wie diejenige von Purusha-Prakriti, doch das letzte Ziel ist verschieden. Der puruṣa trennt sich von der prakṛti, nicht um sie zu verlassen, sondern um sich und sie zu erkennen und nicht länger ihr Spielzeug zu sein, vielmehr der Wissende, der Herr, der Erhalter der Natur; doch nachdem dies in einem geschehen ist oder selbst während es geschieht, bringt man es dem Göttlichen dar. Man kann mit Wissen oder mit Werken beginnen, mit bhakti oder der tapasyā der Selbstläuterung, um die Vollendung zu erreichen (die Wandlung der Natur) und das übrige als eine nachfolgende Bewegung entwickeln, oder man kann alles in einer Bewegung vereinen. Es gibt keine feste Regel für alle, es hängt von der Persönlichkeit und der einzelnen Natur ab. Hingabe ist die Hauptmacht des Yoga, doch muss diese Hingabe notwendigerweise fortschreitend sein; eine vollkommene Hingabe ist zu Beginn nicht möglich, sondern nur der Wille des Wesens zu dieser Vollkommenheit – tatsächlich dauert es lange Zeit. Doch nur bei einer gänzlichen Hingabe ist das volle Strömen der Sadhana möglich. Bis dahin ist die persönliche Bemühung erforderlich sowie eine zunehmende Realität der Hingabe. Man ruft die Macht der Göttlichen śakti, und wenn diese einmal in das Wesen einzutreten beginnt, stützt sie zuerst die persönliche Bemühung, dann übernimmt sie mehr und mehr das gesamte Tun, wobei aber immer die Zustimmung des Sadhaks erforderlich ist. In dem Maß wie die Kraft zu wirken beginnt, löst sie verschiedene Entwicklungen aus, die für den Sadhak notwendig sind; die Entwicklung des Wissens, der bhakti, des spiritualisierten Wirkens, der Umwandlung der Natur. Die Vorstellung, diese könnten nicht miteinander in Einklang gebracht werden, beruht auf einem Irrtum.

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Das Ziel der Sadhana ist das Sich-Öffnen des Bewusstseins gegenüber dem Göttlichen und die Wandlung der Natur. Meditation oder Kontemplation ist ein Mittel hierfür, doch nur eines; bhakti ist ein anderes; Arbeit ist wiederum ein anderes. Von den Yogis wurde cittaśuddhi, die Läuterung des Bewusstseins, als wichtigstes Mittel der Verwirklichung gelehrt; durch sie erlangten sie die Heiligkeit des Heiligen und die Stille des Weisen, doch die Umwandlung der Natur, die wir meinen, ist mehr als das, und diese Umwandlung erfolgt nicht allein durch Kontemplation; Werke sind notwendig, der Yoga der Tat ist unerlässlich.

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Das Wachsen aus dem gewöhnlichen Mental in das spirituelle Bewusstsein kann entweder durch Meditation erfolgen, durch hingebungsvolle Arbeit oder durch bhakti für das Göttliche. In unserem Yoga, der nicht nur einen statischen Frieden oder die Versenkung sucht, sondern auch ein dynamisches spirituelles Wirken, ist Arbeit unerlässlich. Die supramentale Wahrheit ist etwas anderes; sie hängt allein von der Herabkunft des Göttlichen und vom Wirken der Höchsten Kraft ab und ist durch keine Methode oder Regel gebunden.

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Ich habe niemals die Wahrheit der alten Yoga-Systeme angezweifelt – ich selbst hatte die Erfahrung der Vaishnava-bhakti und des nirvāṇa in Brahman; ich anerkenne ihre Wahrheit in ihrem Bereich und für ihren Zweck – die Wahrheit ihrer Erfahrung, soweit diese eben reicht; ich fühle mich jedoch keinesfalls verpflichtet, die Wahrheit der mentalen Philosophien zu akzeptieren, die auf dieser Erfahrung gründen. Ebenso bin ich der Meinung, dass mein Yoga in dem ihm eigenen Bereich – ich nehme an, ein größerer Bereich – und für das ihm eigene Ziel wahr ist. Das Ziel der alten [Yoga-Systeme] ist die Abkehr vom Leben und die Hinwendung zum Göttlichen – und daher karma, die Werke, außer acht zu lassen. Das Ziel des neuen Yoga ist, das Göttliche zu erreichen und die Fülle des Erreichten in das Leben einzubringen – daher ist der Yoga der Werke unerlässlich. Ich vermag hierin nichts Geheimnisvolles zu entdecken oder etwas, das einen verwirren könnte – es ist rational und unausweichlich. Nur du sagst, es sei unmöglich, doch wird dies von allem gesagt, bevor es geschieht.

Ich möchte betonen, dass der Karma-Yoga kein neuer, sondern ein sehr alter Yoga ist; die Gita wurde nicht gestern geschrieben, und der Karma-Yoga ist älter als die Gita. Deine Behauptung, die einzige Rechtfertigung der Werke in der Gita bestünde darin, dass sie ein unvermeidliches Übel seien und man daher das Beste daraus zu machen habe, ist ziemlich summarisch und grob. Wäre dies alles, dann wäre die Gita das Produkt eines Toren, und es gäbe kaum eine Rechtfertigung für mich, darüber zwei Bände zu schreiben, oder dafür, dass die Welt sie als eine der größten Schriften bewundert, und zwar besonders deshalb, weil sie die Notwendigkeit der Werke im spirituellen Bemühen darlegt. Natürlich ist noch mehr als das in ihr enthalten. Jedenfalls widerspricht dein Zweifel daran, dass Werke zur Verwirklichung führen können – oder vielmehr deine glatte, summarische Leugnung dieser Möglichkeit –, der Erfahrung jener, die diese vermeintliche Unmöglichkeit zustandebrachten. Du sagst, Arbeit senke das Bewusstsein und bringe dich aus dem inneren in das äußere Bewusstsein – ja, wenn du zustimmst, dich in der Arbeit zu veräußerlichen, statt sie von innen her zu tun; doch dies ist es, was du lernen musst, nicht zu tun. Gedanke und Gefühl können dich in der gleichen Weise veräußerlichen; es hängt davon ab, ob man Gedanken, Gefühl und Tat fest an das innere Bewusstsein zu binden vermag, indem man in diesem lebt, und das übrige zu seinem Instrument macht. Schwierig? Selbst bhakti ist nicht einfach, und nirvāṇa ist für die meisten Menschen das schwierigste von allem.

Ich weiß nicht, warum du Menschenfreundlichkeit, Aktivismus, philanthropisches Dienen, sevā usw. zur Debatte stellst. Nichts davon gehört zu meinem Yoga oder stimmt mit dem überein, was ich unter Werken verstehe – daher berührt mich das nicht. Ich war nie der Meinung, dass Politik oder die Armen zu speisen oder schöne Gedichte zu verfassen, einen geradewegs nach Vaikuntha oder zum Absoluten bringen würden. Wäre dies der Fall, dann wären Romesh Dutt auf der einen und Baudelaire auf der anderen Seite die ersten, die das Höchste erreicht und uns dort willkommen geheißen hätten. Nicht die Art der Arbeit als solche oder eine reine Aktivität, sondern das Bewusstsein und der auf Gott gerichtete Wille dahinter sind die Essenz des Karma-Yoga; die Arbeit ist lediglich die erforderliche Instrumentierung für die Einung mit dem Meister der Werke, der Übergang vom Willen und von der Macht der Unwissenheit zum reinen Willen und zur Macht des Lichtes.

Und schließlich, warum nimmst du an, ich sei gegen Meditation und bhakti? Ich habe nicht das geringste dagegen, dass du eines davon oder beides als Hilfsmittel der Annäherung an das Göttliche benützt. Ich sehe nur nicht ein, warum du über die Werke herfällst und die Wahrheit jener Menschen leugnest, die – wie die Gita sagt – durch Werke die vollkommene Verwirklichung und das Einssein der Natur mit dem Göttlichen erreichten, saṃsiddhim sādharmyam (wie Janaka und andere); und all das nur deshalb, weil du selbst ihr tieferes Geheimnis nicht finden kannst oder nicht gefunden hast – daher meine Verteidigung der Werke.

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Ich meine mit Arbeit nicht eine Tätigkeit, die im Ego [-Bewusstsein] und in der Unwissenheit geschieht, zur Befriedigung des Egos und ausgelöst durch einen Impuls rajasischen Begehrens. Es kann keinen Karma-Yoga geben ohne den Willen, sich vom Ego, von rajas und dem Begehren zu befreien, welche die Siegel der Unwissenheit sind.

Ich meine nicht Philanthropie oder Dienst an der Menschheit oder all die übrigen Dinge moralischer oder idealistischer Art, die das Mental des Menschen an die Stelle der tieferen Wahrheit der Arbeit setzt.

Ich meine mit Arbeit eine Tätigkeit, die für das Göttliche geschieht und mehr und mehr im Einssein mit dem Göttlichen – allein für das Göttliche und für nichts sonst. Natürlich ist es zu Beginn nicht einfach, ebensowenig wie tiefe Meditation und leuchtendes Wissen oder selbst wahre Liebe und bhakti einfach sind. Doch wie alles andere auch, muss es im rechten Geist und in der rechten Haltung begonnen werden, mit dem rechten Willen in dir, dann wird das übrige kommen.

Arbeit, die in dieser Einstellung verrichtet wird, ist ebenso wirksam wie bhakti oder Kontemplation. Man gelangt durch die Zurückweisung des Begehrens, des rajas und des Egos zu einer Stille und Reinheit, in die unsäglicher Friede herabkommen kann; man gelangt, indem man seinen Willen dem Göttlichen weiht – und zwar durch die Auflösung dieses eigenen Willens im Göttlichen Willen –, zum Tod des Egos und zur Ausweitung in das kosmische Bewusstsein oder aber zur Erhebung in das, was sich über dem Kosmischen befindet; man erfährt die Trennung des puruṣa von der prakṛti und wird von allen Fesseln der äußeren Natur befreit; man gewahrt sein inneres Wesen und sieht das äußere als ein Instrument; man fühlt, wie die universale Kraft die Werke verrichtet und wie das Selbst oder der puruṣa dies beobachtet oder betrachtet, jedoch frei; man fühlt, wie alles Wirken von einem genommen und von der universalen oder Höchsten Mutter verrichtet wird oder von der Göttlichen Macht, die hinter dem Herzen wacht und von dorther wirkt. Indem man fortwährend seinen ganzen Willen und all seine Werke dem Göttlichen zuwendet, wachsen Liebe und Anbetung, und das seelische Wesen tritt hervor. Indem man sich an die Macht darüber wendet, kann man sie und ihr Herabkommen über sich fühlen sowie das Öffnen für ein sich weitendes Bewusstsein und Wissen. Und schließlich vereinen sich Werke, bhakti und Wissen, und die Selbst-Vervollkommnung wird möglich, das was wir die Umwandlung der Natur nennen. Natürlich kommen diese Ergebnisse nicht alle auf einmal, sie kommen mehr oder weniger langsam, mehr oder weniger vollständig, dem Zustand und dem Wachstum des Wesens entsprechend. Es gibt keinen königlichen Pfad zu göttlicher Verwirklichung.

Das ist der Karma-Yoga wie er in der Gita dargelegt ist und wie ich ihn für das integrale spirituelle Leben weiterentwickelt habe. Er gründet sich nicht auf Mutmaßung und Schlussfolgerung, sondern auf Erfahrung. Er schließt die Meditation nicht aus und ebensowenig bhakti, denn die Selbst-Darbringung an das Göttliche und die völlige Selbst-Weihung an das Göttliche, welche die Essenz dieses Karma-Yoga sind, sind im Grunde eine bhakti-Bewegung. Er schließt lediglich eine lebensabgewandte, ausschließliche Meditation aus oder eine emotionale bhakti, die in ihrem eigenen inneren Traum gefangen ist, den sie für die ganze Bewegung des Yoga hält. Man kann Stunden reiner, vertiefter Meditation oder innerer, regungsloser Anbetung und Ekstase haben, doch macht dies nicht die Gesamtheit des integralen Yoga aus.

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Ich habe bhakti niemals mit einem Bann belegt. Ich bin mir auch nicht bewusst, die Meditation zu irgendeiner Zeit missbilligt zu haben. Ich habe sowohl bhakti und Wissen als auch die Werke in meinem Yoga hervorgehoben, auch wenn ich keinem davon eine ausschließliche Bedeutung beigemessen habe, wie dies Shankara oder Chaitanya tat.

Die Schwierigkeit, die von dir oder jedem anderen Sadhak in der Sadhana empfunden wird, ist nicht so sehr eine Frage der Gegenüberstellung von Meditation, bhakti und Werken. Die Schwierigkeit liegt vielmehr in der Haltung, die man einnehmen soll, in der Annäherung oder wie immer du es nennen willst. Wenn du noch nicht die ganze Zeit über an das Göttliche zu denken vermagst, macht das nicht viel aus. Zu Beginn der Arbeit daran zu denken, sich zu weihen und am Ende zu danken, sollte für den Augenblick genügen; oder auch an das Göttliche zu denken, wenn eine Pause eingetreten ist. Deine Methode scheint mir ziemlich mühsam und schwierig zu sein – du scheinst zu versuchen, mit ein und demselben Teil des Mentals dich [des Göttlichen] zu erinnern und zu arbeiten. Ich weiß nicht, ob dies möglich ist. Wenn Menschen während der Arbeit immer an das Göttliche denken (dies ist möglich), findet es meist im Hintergrund ihres Mentals statt, oder aber es wird allmählich die Fähigkeit des doppelten Denkens oder doppelten Bewusstseins erlangt – eines im Vordergrund, das arbeitet, und eines zuinnerst, das betrachtet und sich des Göttlichen erinnert. Es gibt noch einen anderen Weg, der lange Zeit der meine war – ein Zustand, in dem die Arbeit automatisch geschieht, ohne die Vermittlung des persönlichen Denkens oder der mentalen Tätigkeit, während das Bewusstsein schweigend im Göttlichen verharrt. Dies erreicht man jedoch nicht so sehr, indem man es ausprobiert, als durch ein einfaches, immerwährendes Streben und den Willen, sich zu weihen – oder aber durch eine Bewegung des Bewusstseins, die das innere vom instrumentalen Wesen trennt. Das Streben und der Wille sich zu weihen, die eine größere Kraft herabrufen, welche die Arbeit tut, ist eine Methode, die große Ergebnisse zeitigt, selbst wenn dies bei einigen lange Zeit dauert. Das ist das große Geheimnis der Sadhana, zu wissen wie die Dinge von der Macht dahinter oder darüber getan werden, und nicht durch die Bemühung des eigenen Mentals. Ich sage nicht, dass die Bemühung des Mentals nicht notwendig ist oder kein Ergebnis zeitigt – doch wenn es versucht, alles selbst zu tun, dann ist das ein schwerfälliges Beginnen für alle außer den spirituellen Athleten. Ich glaube auch nicht, dass dieser andere Weg die ersehnte Abkürzung ist. Es kann wie gesagt lange Zeit in Anspruch nehmen, sein Ziel zu erreichen. Geduld und feste Entschlossenheit sind auf jedem Weg der Sadhana notwendig.

Stärke ist in Ordnung für die Starken – doch das Streben und die Gnade, die auf dieses Streben antwortet, sind nicht insgesamt ein Märchen; sie sind die großen Realitäten des spirituellen Lebens.

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Das Einbeziehen des äußeren Bewusstseins in die Umwandlung ist von höchster Wichtigkeit in diesem Yoga – die Meditation vermag dies nicht. Meditation kann nur das innere Wesen erfassen. Daher ist die Arbeit von vordringlicher Wichtigkeit – allein sie muss in der rechten Haltung und im rechten Bewusstsein getan werden, dann ist sie so fruchtbar wie jede Meditation es zu sein vermag.

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Die Arbeit beizubehalten verhilft dazu, die Ausgewogenheit zwischen innerer Erfahrung und äußerer Entwicklung herzustellen; andernfalls können Einseitigkeit und Mangel an Maß und Gleichgewicht aufkommen. Zudem ist die Sadhana der Arbeit für das Göttliche notwendig, da sie am Ende den Sadhak befähigt, den inneren Fortschritt auf die äußere Natur und das äußere Leben zu übertragen, und zur Vollständigkeit der Sadhana beiträgt.

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Es gibt kein Stadium der Sadhana, in dem die Werke unmöglich sind, und keine Wegstrecke auf dem Pfad, auf der man keinen Halt findet und die Tätigkeit als unvereinbar mit der Konzentration auf das Göttliche zurückgewiesen werden muss. Der Halt ist immer da; der Halt ist der Verlass auf das Göttliche, das Sich-Öffnen des Wesens, die Ausrichtung des Willens und der Energien auf das Göttliche, die Hingabe an das Göttliche. Alle Arbeit, die in dieser Einstellung geschieht, kann zu einem Hilfsmittel der Sadhana werden. Es mag für den einzelnen hier und da notwendig sein zu meditieren und dann mit der Arbeit auszusetzen oder ihr einen untergeordneten Platz zuzuweisen; doch dies kann nur ein vereinzelter Fall und eine vorübergehende Zurückgezogenheit sein. Zudem ist ein völliges Aufgeben der Arbeit und ein gänzliches Zurückziehen in sich selbst selten ratsam; es kann einen einseitigen und visionären Zustand begünstigen, da man in einer Art Mittelwelt der rein subjektiven Erfahrungen lebt ohne festen Halt, weder in der äußeren Wirklichkeit noch in der höchsten Realität, und ohne richtige Anwendung der subjektiven Erfahrung, die ein festes Verbindungsglied und dann eine Einung zwischen der höchsten Wirklichkeit und der äußeren Verwirklichung im Leben bilden soll.

Arbeit kann von zweierlei Art sein – einmal die Arbeit, die ein Bereich der Erfahrung ist, die man in der Sadhana für eine fortschreitende Harmonisierung und Umwandlung des Wesens und seiner Tätigkeiten braucht, zum anderen die Arbeit, die ein verwirklichter Ausdruck des Göttlichen ist. Die Zeit für letzteres ist jedoch erst dann gekommen, wenn die Verwirklichung voll in das Erdbewusstsein herabgebracht wurde; bis dahin muss alle Arbeit ein Feld des Bemühens und eine Schule der Erfahrung sein.

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Arbeit als solche ist nur eine Vorbereitung, ebenso wie es die Meditation ist; Arbeit jedoch, die in einem wachsenden yogischen Bewusstsein verrichtet wird, ist ebenso ein Mittel der Verwirklichung wie die Meditation... Ich hoffe, nicht gesagt zu haben, dass allein die Arbeit vorbereitet. Auch die Meditation bereitet für den unmittelbaren Kontakt vor. Wenn wir Arbeit nur als Vorbereitung zu verrichten hätten und dann zu regungslosen meditativen Asketen würden, wäre meine ganze spirituelle Lehre falsch, und es gäbe keine Verwendung für die supramentale Verwirklichung oder für irgendetwas anderes, das nicht schon in der Vergangenheit getan wurde...

Die Unkenntnis, die dieser Einstellung zugrundeliegt, beruht auf der Annahme, dass man notwendigerweise entweder nur arbeiten oder nur meditieren muss – entweder Arbeit oder Meditation – beides jedoch nicht möglich sei. Soviel ich weiß, habe ich niemals gesagt, dass man nicht meditieren soll. Dieser offene oder versteckte Wettkampf zwischen Arbeit und Meditation ist ein Trick des trennenden Mentals und gehört dem alten Yoga an. Bitte, denke daran, dass ich schon immer einen integralen Yoga verkündete, in welchem Wissen, bhakti, Werke – also das Licht des Bewusstseins, ānanda, Liebe, der Wille und die Kraft in den Werken – sowie Meditation, Anbetung und Dienst am Göttlichen alle ihren Platz haben. Weder ist die Meditation größer als der Yoga der Werke, noch sind die Werke größer als der Yoga des Wissens – alle sind gleichwertig.

Etwas anderes – es ist ein Fehler, von seiner eigenen, sehr begrenzten Erfahrung aus zu urteilen, ohne die Erfahrung der anderen zu beachten, und dann große Verallgemeinerungen über den Yoga darauf aufzubauen. Viele tun dies, doch hat die Methode offensichtliche Mängel. Du hast nicht die Erfahrung der großen Verwirklichungen durch die Werke und folgerst daraus, dass solche Verwirklichungen nicht möglich seien. Wie steht es dann aber mit den vielen, die sie hatten – anderswo und auch hier im Ashram?

Doch schließe hieraus nicht, dass ich die Werke als das einzige Mittel der Verwirklichung hervorhebe. Ich gebe ihnen nur ihren rechtmäßigen Platz.

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Du vergisst, dass die Menschen sich in ihrer Natur unterscheiden und daher jeder sich auf seine Weise der Sadhana nähert – der eine durch Werke, der andere durch bhakti und wiederum ein anderer durch Meditation und Wissen – und diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind, durch alle drei. Du hast vollkommen recht, deinem eigenen Weg zu folgen, wie immer auch die Theorien der anderen sein mögen – lass diese ihren eigenen Weg gehen. Am Ende können alle im gleichen Ziel zusammentreffen.

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Deine früheren Gefühle fanden in deinem mentalen Wesen und Bewusstsein statt; nachdem du herkamst, bist du jedoch offensichtlich in ein äußeres und physisches Bewusstsein eingetreten, weshalb du glaubst, dass alles frühere verloren sei. Es ist aber nur von der Dunkelheit des physischen Bewusstseins verdeckt und nicht verloren.

Was die Sadhana anbelangt, so meinst du damit vermutlich eine Art Konzentrationsübung usw.. Auch Arbeit ist Sadhana, wenn sie in der rechten Haltung und im rechten Geist verrichtet wird. Die Sadhana der inneren Konzentration besteht aus folgendem:

1. Das Bewusstsein im Herzen zu festigen und sich dort auf die Idee, auf das Bildnis oder den Namen der Göttlichen Mutter zu konzentrieren, je nachdem was dir am leichtesten erscheint.

2. Eine allmähliche, fortschreitende Beruhigung des Mentals durch diese Konzentration im Herzen.

3. Nach der Gegenwart der Mutter im Herzen und nach ihrer Überwachung des Mentals, Lebens und Tuns zu streben.

Um das Mental zu beruhigen und spirituelle Erfahrung zu erlangen ist es jedoch erforderlich, zuerst die Natur zu läutern und vorzubereiten. Dies dauert manchmal mehrere Jahre. Arbeit, die in der rechten Einstellung verrichtet wird, ist hierfür das einfachste Mittel – das heißt eine Arbeit ohne Verlangen oder Egoismus, in der man alle Regungen des Begehrens, des Forderns oder des Egos zurückweist und sie der Göttlichen Mutter darbringt, an sie denkend und zu ihr betend, dass sie ihre Kraft manifestiert und die Arbeit übernimmt, damit man auch darin, und nicht nur in der inneren Stille, ihre Gegenwart und ihr Wirken fühlt.

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Im Yoga sind Gebet und Meditation gleichwertig. Das Gebet muss jedoch aus dem Herzen aufsteigen, auf der Woge der Emotion oder Aspiration, und japa oder die Meditation muss aus einem lebendigen Impuls heraus kommen und Freude und Licht in sich tragen. Sobald sie mechanisch ausgeübt werden, nur als etwas, das zu geschehen hat (als ernste, grimmige Pflicht), werden sie auf Grund von mangelndem Interesse und Trockenheit wirkungslos sein... Du hast zuviel japa getan, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, ich meine zu sehr als Methode, als festgelegten Vorgang, damit etwas geschehe. Aus diesem Grund wollte ich, dass die seelischen Voraussetzungen, sich in dir entwickeln, die Seele, das Mental, denn wenn sich die Seele im Vordergrund befindet, dann mangelt dem Gebet, der Aspiration und dem Suchen weder das Leben noch die Freude, und es besteht keine Schwierigkeit, in den immerwährenden Strom der bhakti einzutreten; und wenn das Mental ruhig ist, nach innen und oben gewandt, besteht auch keine Schwierigkeit mehr mit der Meditation und auch kein mangelndes Interesse an ihr. Meditation ist im übrigen ein Vorgang, der zum und durch das Wissen führt, sie ist eine Sache des Kopfes und nicht des Herzens; wenn du also dhyāna willst, darfst du keine Abneigung gegen das Wissen haben. Die Konzentration im Herzen ist nicht Meditation, sie ist ein Ruf nach dem Göttlichen, dem Geliebten. Dieser Yoga ist auch kein Yoga des Wissens allein – Wissen ist eines seiner Mittel –, sondern sein Fundament ist die Selbstdarbringung, die Hingabe und bhakti; er gründet sich im Herzen, und nichts kann letzten Endes ohne diese Grundlage geschehen. Es gibt viele Menschen hier, die japa tun oder getan haben, doch vergleichsweise sehr wenige, die die “Kopf”-Meditation ausüben; Liebe, bhakti und Werke sind gewöhnlich die Grundlage; wieviele können durch das Wissen voranschreiten? Nur einige wenige.

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Ich meinte es durchaus ernst, als ich von einem Fortschritt sprach, den du durch die seelische Bewegung und in dem Bestreben erreicht hast, das Ego aufzudecken und zu beseitigen. Ich schrieb dir bereits und billigte durchaus diesen Weg. In unserem Yoga ist es der Weg der Weihung und Hingabe – denn diese seelische Bewegung ist es, welche die immerwährende reine Weihung und die Beseitigung des Ego bringt und die Hingabe möglich macht. Tatsächlich gehören diese beiden Dinge zusammen.

Der andere Weg, der Weg zum Wissen, ist die Meditation, durch die das Sich-Öffnen nach oben erfolgt, durch die die Ruhe oder Stille des Mentals sowie die Herabkunft des Friedens usw. aus dem höheren Bewusstsein eintritt, bis all dies das Wesen einhüllt, den Körper erfüllt und alle Regungen ergreift. Dies erfordert jedoch einen Durchgang durch die Stille und eine gewisse Leere der gewöhnlichen Tätigkeiten, die hinausgestoßen werden und allein an der Oberfläche stattfinden – du aber hast eine starke Abneigung gegen Stille und Leere.

Der dritte Weg, der einer der beiden Pfade zum Yoga der Werke ist, besteht in der Trennung des puruṣa von der prakṛti, des inneren schweigenden Wesens vom äußeren aktiven, so dass man zwei Arten von Bewusstsein oder ein doppeltes Bewusstsein fühlt, das eine im Hintergrund, das betrachtet und beobachtet, und schließlich das andere, das sich im Vordergrund befindet und kontrolliert und wandelt. Doch auch dies bedeutet, in einem inneren Frieden und Schweigen zu leben und die Tätigkeiten so zu handhaben, als ob sie Dinge an der Oberfläche wären. Der andere Weg zum Yoga der Werke besteht darin, sie für das Göttliche, für die Mutter und nicht für sich selbst zu tun, die Werke darzubringen und zu weihen, bis man konkret fühlt, wie die Göttliche Kraft die Tätigkeiten aufnimmt und für einen tut.

Wenn es ein Geheimnis oder einen Schlüssel meines Yoga gibt, den du, wie du sagst, nicht gefunden hast, liegt er in diesen Methoden – und in Wirklichkeit ist nichts so Geheimnisvolles, Unmögliches oder gar Neues in ihnen enthalten. Es ist lediglich die weitere Entwicklung in einem späteren Stadium und das Ziel des Yoga, die neu sind. Doch darum braucht man sich in den frühen Stadien nicht zu kümmern, außer man tut es lediglich der mentalen Kenntnis wegen.

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Meditation ist ein Mittel der Annäherung an das Göttliche und ein großer Weg, doch kann man sie nicht als Abkürzung bezeichnen – denn meist ist es ein langer und höchst schwieriger, wenn auch sehr hoher Aufstieg. Sie kann unter gar keinen Umständen eine Abkürzung genannt werden, außer sie bringt eine Herabkunft, und selbst dann ist das nur eine rasch gelegte Grundlage; nachher muss durch die Meditation auf dieser Grundlage mühsam ein großer Überbau errichtet werden. Sie ist absolut unerlässlich, hat aber nichts von einer Abkürzung an sich.

Ein viel einfacherer Weg ist karma, die Arbeit, vorausgesetzt das eigene Mental ist auf das karma nicht bis zum Ausschluss des Göttlichen fixiert. Das Ziel ist das Göttliche, und die Arbeit kann nur ein Instrument sein. Zu dichten usw. bedeutet, die Verbindung mit dem inneren Wesen aufrechtzuerhalten, und weiterhin die Vorbereitung des direkten Kontaktes mit dem innersten Wesen zu fördern; doch darf man hier nicht haltmachen, sondern muss zur eigentlichen Sache fortschreiten. Zu glauben, ein Literat, ein Dichter oder Maler zu sein, sei etwas, das um seiner selbst willen wertvoll ist, hat nichts mehr mit yogischem Geist zu tun. Daher muss ich manchmal betonen, dass wir Yogis sind und nicht etwa Maler oder Dichter usw..

Liebe, bhakti, Hingabe, das seelische Sich-Öffnen sind die einzigen Abkürzungen zum Göttlichen – oder können es sein. Denn wenn Liebe und bhakti zu vital sind, schwankt man voraussichtlich zwischen ekstatischer Erwartung und viraha, abhimāna und Verzweiflung usw. hin und her, die keine Abkürzungen sind, sondern ein langer Weg, ein Zick-Zack Pfad – kein gerader Flug, sondern ein Kreisen um das eigene Ego, statt eines schnellen Ausschreitens auf das Göttliche zu.

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Ich habe immer gesagt, dass Arbeit, die als Sadhana verrichtet wird – das heißt als ein Hervorströmen von Energie aus dem Göttlichen und als Darbringung an das Göttliche, oder Arbeit, die um des Göttlichen willen getan wird, oder Arbeit, die in einem Geist der Weihung geschieht –, ein machtvolles Mittel der Sadhana ist, und dass solche Arbeit in diesem Yoga besonders notwendig ist. Werke, bhakti und Meditation sind die drei Stützen des Yoga. Man kann alle drei oder nur zwei oder eines ausüben. Es gibt Menschen, die in der festgelegten Weise nicht meditieren können, doch mit Hilfe von Arbeit oder bhakti oder beiden vorankommen. Durch Arbeit und bhakti kann man ein Bewusstsein entwickeln, in dem zu gegebener Zeit eine natürliche Meditation und Verwirklichung möglich werden.

Dies alles unterscheidet sich beträchtlich von X‘s Vorstellung, dass man durch eine geheimnisvolle innere Macht, die aus der Beschäftigung mit der Literatur erwächst, zu Tugend, Selbstkontrolle und Reinheit gelangt. Wenn er seine Frage nach der Sadhana und Arbeit an mich gerichtet hätte, hätte ich ihm anders geantwortet. Natürlich sind Literatur und Kunst eine erste Einführung in das innere Wesen oder können es zumindest sein – in das innere Mental und innere Vital, denn dort haben sie ihren Ursprung. Und wenn man Gedichte über bhakti schreibt, Gedichte über die göttliche Suche usw. oder wenn man Musik dieser Art komponiert, so zeigt dies, dass innerlich ein bhakta oder ein Suchender wohnt, der sich durch diesen Selbst-Ausdruck stützt. Doch aus dieser Sicht hat X seine Frage nicht gestellt und habe auch ich meine Antwort nicht gegeben. Es handelte sich um eine besondere, charakterbildende Tugend, die er der Literatur zuzuschreiben schien.

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Es ist wirklich sinnlos zu fragen, wer oder welche Klasse zuerst oder zuletzt zum Ziel gelangt. Der spirituelle Pfad ist keine Arena für einen Wettkampf oder ein Wettrennen. Was zählt, ist das eigene Streben nach dem Göttlichen, der eigene Glaube, die eigene Hingabe, das selbstlose Sich-Geben. Die anderen kann man dem Göttlichen überlassen, das jeden entsprechend seiner Natur lenken wird. Meditation, Werke, bhakti, alle sind Mittel einer vorbereitenden Hilfe zur Vollendung, und alle sind in diesem Pfad enthalten. Wenn man sich durch Werke weihen kann, so ist es eines der machtvollsten Mittel des Selbst-Gebens, das als solches das machtvollste, unerlässlichste Element der Sadhana ist.

Sich an den Pfad zu halten bedeutet, ihm zu folgen ohne ihn zu verlassen oder sich von ihm abzuwenden. Es ist ein Pfad der Selbst-Darbringung des ganzen Wesens in all seinen Teilen, die Darbringung des denkenden Mentals und Herzens, des Willens und Handelns, der inneren und äußeren Instrumente, damit man zur Erfahrung des Göttlichen, der inneren Gegenwart gelange, zur seelischen und spirituellen Wandlung. Je mehr man sich auf jede Weise gibt, umso besser ist es für die Sadhana. Doch nicht alle sind in der Lage, dies im gleichen Umfang, mit der gleichen Geschwindigkeit, auf die gleiche Art zu tun. Wie andere es tun oder wie sie es nicht tun können, sollte nicht unser Anliegen sein – wie man es selbst getreu tut, ist das einzige was zählt.

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Zu sagen, man würde allein durch die Werke in den Strom der Sadhana eintreten, wäre zuviel gesagt. Man kann ihn durch Meditation betreten oder durch bhakti, doch ist Arbeit erforderlich, um von dem vollen Strom aufgenommen und nicht auf eine Seite abgetrieben und dort herumgewirbelt zu werden. Natürlich ist jede Arbeit förderlich, vorausgesetzt sie geschieht in der rechten Haltung.

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Es gibt verschiedene Sadhaks, die allein durch die Arbeit sehr weit vorangekommen sind, Arbeit, die der Mutter geweiht war, oder auch durch sehr viel Arbeit, die wenig Zeit für die Meditation ließ. Andere sind weit vorangekommen, indem sie das Schwergewicht auf die Meditation legten, aber auch mit der Arbeit. Diejenigen, die nur zu meditieren versuchten und der Arbeit überdrüssig wurden (da sie sie nicht der Mutter weihen konnten), versagten meist, wie X und Y. Doch mag der eine oder andere allein durch die Meditation vorankommen, wenn es in seiner Natur liegt oder wenn er einen starken, unerschütterlichen Glauben und bhakti hat. Alles hängt von der Natur des Sadhaks ab.

Was das purātan mānuṣ, den “alten Adam” anbelangt, so vermag ich nicht zu erkennen, dass jene, die Arbeit verrichten, ihr äußeres Wesen weniger als andere verändern würden. Es gibt solche, die noch dort sind, wo sie schon waren, oder nur einen kleinen Fortschritt machten, es gibt andere, die sich stark verändert haben – keiner hat die völlige Umwandlung erfahren, obwohl sie eine sichere und gesunde spirituelle und seelische Grundlage fanden. Das aber trifft gleichfalls sowohl für jene zu, die arbeiten und nicht meditieren, als auch für jene, die lange Zeit meditieren.

Es muss jedem Sadhak und der Mutter überlassen werden, den rechten Weg zu finden, der nicht derjenige seines Nachbarn zu sein braucht.

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Die bevorzugte Richtung hängt ‚von der einzelnen Natur ab. Es gibt Menschen, die sich nicht für die Meditation eignen und sich nur durch die Arbeit vorbereiten können, und es gibt jene, bei denen es sich umgekehrt verhält. Was die gewaltige Entwicklung des Egoismus anbelangt, so kann diese auf jedem Weg, dem man folgt, stattfinden. Ich habe ihn im dhyānī, dem Meditierenden ebenso blühen gesehen wie im Arbeitenden; X sagt, es sei das gleiche beim bhakta. Daraus geht hervor, dass diese Narzissusblume auf jedem Boden gedeiht. Was das anbelangt, dass “man der Sadhana nicht bedarf”, so kann ganz offensichtlich einer, der keine Sadhana tut, sich nicht verändern oder einen Fortschritt machen. Arbeit, Meditation, bhakti, alles muss als Sadhana getan werden.

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Deine Argumentation gründet sich auf deiner persönlichen Erfahrung, die du – sei sie groß oder klein – dann verallgemeinerst. Eine große Zahl von Menschen (vielleicht die Mehrzahl) findet die Sadhana der Werke am einfachsten von allem. Viele finden es einfach, an die Mutter zu denken, wenn sie arbeiten; doch wenn sie lesen oder schreiben, wendet sich ihr Mental dem Gelesenen oder Geschriebenen zu, und sie vergessen alles übrige. Ich glaube, dass dies den meisten so ergeht. Physische Arbeit hingegen kann mit dem äußerlichsten Teil des Mentals getan werden, so dass das übrige [Mental] frei ist für das Erinnern oder die Erfahrung.

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Was nennst du Meditation? Die Augen zu schließen und sich zu konzentrieren? Dies ist nur eine Methode, das wahre Bewusstsein herabzurufen. Das einzig Wichtige ist, sich mit dem wahren Bewusstsein zu einen oder seine Herabkunft zu fühlen, und wenn dies ohne die orthodoxe Methode geschieht, wie es bei mir immer der Fall war, umso besser. Meditation ist nur ein Mittel oder eine Möglichkeit, die wahre Bewegung ist, sich beim Gehen, Arbeiten oder Sprechen in der Sadhana zu befinden.

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Nicht Meditation (das Denken mit dem Mental), sondern Konzentration oder die Wende des Bewusstseins ist wichtig – und das kann sowohl bei der Arbeit geschehen, beim Schreiben und bei jeder anderen Art von Tätigkeit als auch in der Kontemplation.

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Meditation ist am besten, wenn sie spontan kommt. Doch wenn die Arbeit an die Stelle der Meditation treten soll, muss man sich voll in ihr konzentrieren.

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Du brauchst dir keine Gedanken zu machen über die Zeit, die du der Tätigkeit und schöpferischen Arbeit widmest. Für jene, die ein expansives schöpferisches Vital haben oder ein Vital, das zum Handeln geschaffen ist, ist es am besten, wenn das Vital von seiner Bewegung nicht abgehalten wird; sie können sich auf diese Weise schneller entwickeln als durch die nach innen gewandte Meditation. Das einzig Wichtige ist, dass sie die Tätigkeit weihen, damit sie hierdurch mehr und mehr vorbereitet werden, die Göttliche Kraft zu fühlen und ihr zu folgen, wenn diese sie bewegt. Es ist falsch zu glauben, dass die nach innen gerichtete Meditation unweigerlich der beste oder einzige Weg des Yoga ist.

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Warum sollte die Meditation für alle erforderlich sein, da doch einigen geraten wird, nicht zu meditieren? Viel Meditation ist gut für jene, die viel meditieren können. Hieraus folgt aber nicht, dass niemand etwas anderes tun soll.

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Ich habe nicht vorgeschlagen, dass du allein durch dhyāna fortzuschreiten hättest; doch du hast hierfür eine große Fähigkeit und kannst ohne sie nicht vorankommen. In diesem Yoga ist eine Art von Tätigkeit für jeden notwendig – obwohl sie nicht die Form einer geregelten Arbeit anzunehmen braucht. Doch für den Augenblick ist dein erstes Erfordernis, durch Konzentration und innere Erfahrung fortzuschreiten.

Aktivität des Mentals nennen wir all das, was der Konzentration im Wege steht und versucht, Zweifel und Zerstreuung von Energien zu schaffen.

Man kann sich davon auf zwei Arten befreien, einmal indem man sie [diese Aktivität des Mentals] zurückweist und hinausstößt, bis sie als eine nur äußerliche Kraft übrigbleibt, oder indem man den höheren Frieden und das Licht in das physische Mental bringt.

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Er muss lernen, seine Arbeit zu weihen und die Macht der Mutter darin wirken zu fühlen. Eine im Sitzen erfolgte, subjektive Verwirklichung ist nur eine halbe Verwirklichung1.

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Ich möchte das eine jedoch hervorheben, dass es nicht nur einen Weg zur Verwirklichung des Göttlichen gibt. Wenn es einem nicht gelingt oder noch nicht gelungen ist, es durch den feststehenden Vorgang der Meditation oder durch Methoden wie japa zu erreichen, zu fühlen oder zu erkennen, könnte man dennoch durch ein beständiges Rufen im Herzen nach bhakti vorankommen oder durch ihr stetes Anwachsen im Bewusstsein oder aber durch Arbeit für das Göttliche und Selbst-Weihung durch Dienen. Du hast mit Sicherheit Fortschritte in dieser Richtung gemacht, deine Hingabe vergrößert und deine Fähigkeit zu dienen bewiesen. Du hast ebenfalls versucht, dich von den Hemmnissen deiner vitalen Natur zu befreien, und auf diese Weise in verschiedenen Richtungen erfolgreich eine Läuterung erreicht. Der Pfad der Hingabe ist tatsächlich schwierig, doch wenn man in Wahrhaftigkeit auf ihm ausharrt, wird sich ein Erfolg mit Sicherheit einstellen und auch eine teilweise Überwindung oder Verminderung des Egos, was beträchtlich zu einem weiteren Fortschritt auf dem Weg verhelfen kann. Man muss – wie die Gita sagt – lernen, auf dem Yogaweg voranzuschreiten mit einem Bewusstsein, das frei von Verzagtheit ist – anirviṇṇacetasā. Selbst wenn man ausgleitet, hat man sich wieder aufzurichten, und wenn man fällt, wieder aufzustehen und ohne entmutigt zu sein, auf dem Göttlichen Weg weiterzugehen. Die Haltung [des Sadhaks] hat diese zu sein:

“Das Göttliche hat sich mir verheißen, wenn ich mich stets an das Göttliche halte; und ich werde nicht aufhören, das zu tun, was immer auch kommen mag.”

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Sadhana ist die Ausübung des Yoga. tapasyā ist die Konzentration des Willens, die Frucht der Sadhana zu erhalten und die niedere Natur zu überwinden. ārādhana ist die Anbetung des Göttlichen, die Liebe und Selbsthingabe, das Streben nach dem Göttlichen, das Rufen des Namens, das Gebet. dhyāna ist die innere Konzentration des Bewusstseins, Meditation ist die Versenkung in den samādhi-Zustand. Dhyāna, tapasyā, ārādhana – alle sind Bestandteile der Sadhana.

 

1 Sri Aurobindo meint hier eine in der Meditation erfolgte Verwirklichung. Anmerkung des Übersetzers.

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